Früher wurden Sühnekreuze aufgestellt, um eine Blutfehde wegen eines begangenen Mordes zu beenden. So wurde es in den Sühneverträgen, die zwischen zwei verfeindeten Parteien geschlossen wurden, verlangt.
Bei manchen Kreuzen sind Gravuren zu erkennen. Meistens stellen diese die Mordwaffen dar. Auch Jahreszahlen können manchmal entziffert werden.
Man wählte diese bildlichen Darstellungen, weil die einfachen Leute aus dem 13. - 16. Jahrhundert den Text sowieso nicht lesen konnten.
Über Sühne- oder Kreuzsteine gibt es hier viel interessantes zu lesen. Auch könnt Ihr nachschauen, wo es in Eurer Nähe Sühnesteine gibt.
Ich habe eine Fleißaufgabe gemacht und zeige Euch meine kleine "Sühnekreuze-Sammlung".
Diese Steinkreuze im Bild oben stehen in Filderstadt-Plattenhardt.
Sie stammen aus dem 15. Jahrhundert.
Der Sage nach waren es einst acht Kreuze, die zur Erinnerung an einen tödlichen Kampf unter sieben Brüdern aus dem Geschlecht der Herren von Plattenhardt hier aufgestellt wurden.
Dieses Sühnekreuz steht an der Mauer, die das Kloster umgibt.
Anscheinend bekamen zwei Bettelknaben vom Pfarrhaus ein weißes und ein schwarzes Brot, um das sie sich stritten und im Streit einander an dieser Stelle erstochen haben.
Aichelberg (Aichwald)
Der Sage nach wurde ein Königsbote einst an der Stelle, an der jetzt das Kreuz steht, erschlagen. Seine Mörder wurden gehängt.
Als das Kreuz für den Getöteten errichtet worden war, wuchs daran ein Rosenstrauch empor zum Zeichen dafür, dass der Tote die ewige Seligkeit erlangt habe.
Deshalb erbaute man auf diesem Platz eine Kirche, die zur Wallfahrtskirche wurde.
In der Nähe des Ortes steht dieses Sühnekreuz, auf dem deutlich eine eingravierte Pflugschar zu erkennen ist.
Links unten ist die Jahreszahl 1568 eingeritzt.
Hier soll ein Bauer einen Schäfer erschlagen haben.
Köngen
Der Sage nach wollte im Dreißigjährigen Krieg ein französischer Offizier einem pflügenden Bauern das Pferd wegnehmen. Es ist zum Streit gekommen und die beiden hätten sich gegenseitig
erschlagen.
Rosswälden
Dieses restaurierte Kreuz steht zusammen mit einer Texttafel an der Dorfstraße.
Die Inschrift lautet:
D 16 Jul ist Hans
Bayer, Burger und
Zoller Zu Roßwäld=
[auf seinem] aigene Acker todt gefunden und von einem französischen Hußaren durch
drey Hüb und Zwey Stich ohne gegebene Ursach ermordet worde, da in eben solcher Nacht
der Ülmiche fleck Süßen ist angezündet worden.
Am 19. November 1707 macht die Witwe Anna Maria Bayer ein Unterstützungsgesuch an die Herzögliche Regierung, in dem sie ausführt, es wolle ihr das Herz vor Bekümmernis schier zerspringen, angesichts des Unglücks, das über sie gekommen, und schreibt dann wörtlich: "Sintemal es sich leider gefüget, dass als verwichenen Sommer die französische Armee in das hochlöbliche Herzogtum eingedrungen, auch eine Partie davon bei Plochingen wegen der Exekution in den Ulmischen zu stehen kommen. Hingegen aber damals das Gewild in den Früchten so großen Schaden getan, dass es nicht genugsam zu beschreiben, main Mann solch seine Früchte zu hüten, bei Nacht sich auf das Feld begeben, dann ihn in solcher Zeit genannte Partie angetroffen und die letztere ihn mit bloßen Degen überfallen, auch so elendiglich zugereichtet, dass er nach empfangenen zwei Stich und drei Hieb üder den Kopf sein zeutliches Leben unter großen Schmerzens- und Herzensangst beschließen musste".
An der Torfgrube im Schopflocher Moor findet man dieses Steinkreuz.
Es sollen sich hier zwei Schäfer gegenseitig umgebracht haben.
Wellingen (Ortsteil von Notzingen)
Ein Kirchenbucheintrag von 1688:
"1688. Den 23. Aprilis ist Michel Drüchlinger, allß er nacher Kürchheimb neben anderen Persohnen gehen wollen, Under Wegs beim so genandten Hirschsprung Von einem Starckhen Schlagfluß dergestalt gerühret worden, daß er allso bald sein Geist auffgegeben = Tod nacher Hauß Getragen Und folgendts der Gebühr nach christlich beerdiget worden. Alt. 61. jahr."
Der Text zu diesen Bildern wurde teilweise hier entnommen.
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ute42 (Mittwoch, 25 Februar 2015 10:02)
Das ist ja interessant. Diese Sühnekreuze habe ich noch nie beachtet. Das wird sich in Zukunft ganz bestimmt ändern.
minibar (Mittwoch, 25 Februar 2015 21:40)
Liebe Traudi, da hast du ja viele Kreuze gefunden und nach den Gründen gesucht.
Sehr interessant, das Ganze.
Sühnekreuze, ob sie auch wirkten?
Immerhin gibt es heute noch Kreuze, wo Leute an der Straße umgekommen sind.
deine Bärbel
Brigitte (Sonntag, 08 März 2015 12:34)
Liebe Traudi, ich grüße Dich herzlich und wünsche Dir einen wunderschönen Sonntag.
Das ist ja ein ganz besonderer und ausführlicher Beitrag. Solch ein Steinkreuz habe ich noch nie gesehen.
Hier ist blauer Himmel, strahlender Sonnenschein und jetzt schon 11 Grad.
Alles Gute, tschüssi Brigitte
Morgentau (Sonntag, 08 März 2015 22:02)
Liebe Traudi,
heute habe ich im Vorbeifahren so ein Kreuz gesehen. Komisch, dass die mir nie bewusst aufgefallen sind. Aber seit ich das bei dir gelesen habe, wird mir das nicht mehr passieren.
Komm gut in die neue Woche! Bin schon gespannt, wo du am Wochenende warst ...
Ein lieber Gute-Nacht-Gruß,
Frau Morgentau
Björn (Samstag, 16 Juni 2018 19:58)
Hallo Traudi,
toll, was Du alles aufgeschrieben hast und hier aufbereitet hast - ich habe mich bisher gar nicht so mit den Sühnekreuzen beschäftigt.
Aber ich halte nun die Augen offen, vielleicht begegnen mir auch noch ein paar :)
Schöne Grüße
Björn
Bernhard (Samstag, 20 Februar 2021 21:17)
Sehr interessant, Wieder etwas gelernt :
LG Bernhard